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  • Kucki 232

Folge 49 - Gefühlschaos


 

Mams Anruf hat mich jetzt doch etwas irritiert. Warum will sie nur mich sprechen? Dann soll sie doch wenigstens ehrlich zu Paps sein und nicht so ein Ding hinter seinem Rücken abziehen. Wir gehen aber auch davon aus, dass sie vielleicht neue Informationen für uns hat, also willige ich ein und treffe mich gleich mit Mam im Café.

„Nur, was soll ich ihr denn sagen? Vielleicht sagt sie dann ja auch gar nichts.“

„Sei einfach du selbst. Der Rest ergibt sich.“

„Du darfst sie nur nicht gezielt ausfragen. Natürlich nicht. Das würde auffallen. Frag sie einfach, was sie sich dabei gedacht hat und sowas.“

„Und wenn du schon dabei bist, dann sag ihr auch, dass sie bleiben kann, wo der Pfeffer wächst. Ich will sie nie wieder sehen. Mit Michelle kann sie zwischendurch ja mal spielen, aber ansonsten soll sie mit ihrem neuen Blödmann glücklich werden.“

Klare Ansage von Paps. Mein Problem ist eh schon, dass ich selbst nicht weiß, wie ich auf Mam reagieren soll. Sie hat mich, nein uns, so verletzt. Haut einfach ab und plötzlich sind wir mit Michelle allein. Nur wenn mehr dahintersteckt und Mam erpresst wurde, dann kann ich ihr vielleicht verzeihen. Aber das gilt es erstmal rauszufinden. Deswegen nehme ich Paps in den Arm und möchte auch ihm diesen Gedanken nahelegen. Ich sehe doch, wie es ihn innerlich zerfetzt.

„Hey, komm mal her. Wenn Mam in Not ist, dann werden wir ihr helfen. Und ansonsten kannst du immer noch so reden. Aber jetzt ist es noch zu früh dazu.“

„Du hast recht.“

Also bereite ich mich auf das Gespräch vor. Kurz umziehen und am Spiegel üben:

„Ey, Mam. Gehts noch?“

Hmpf, nein. So kann ich auch nicht anfangen.

Mit einem mulmigen Gefühl gehe ich los. Alex bleibt auch noch eine Weile bei Paps. So ist er nicht allein und verliert sich in seinen Gedanken. Er versucht es zwar wegzuschieben, aber hey. Ich bin doch nicht doof. Als wenn man 20 Jahre mal eben so wegkehren könnte.

Einige Minuten brauche ich nur zum Café in Willow Creek. Bin ja mal gespannt, ob mein Trupp heute wieder hier ist. Eigentlich soll ja nichts sein. Nächstes Mal komme ich da wohl auch mal mit.

Aktuell ist noch nicht wirklich viel los.

Mam sehe ich auch schon am Tresen. Jetzt fühle ich mich erst recht mies. Auf einer Seite bin ich froh, sie zu sehen und auf der anderen Seite könnte ich gleich heulen. Oder ihr eine scheuern. Sie anschreien. Sowas.

Als sie mich sieht, kommt sie freudestrahlend auf mich zu. Als wäre nichts gewesen. Echt jetzt? Ich bin gerade so wütend. Ich habe mehr als genug gehört.

„Hey, mein Sohn. Wie geht es dir denn? Ich vermisse dich so. Du meldest dich gar nicht mehr. Ich, ich. Hmpf. Ich. Äh.“

Tja, und dann bemerkt sie meinen Blick. Meint sie wirklich, dass ich jetzt ebenfalls so auf sie zukomme? Sie umarme und ihr sage, dass sie die beste Mam ist? Na ja.

Ich platze gleich. Die ganze Zeit trage ich meine Wut mit mir rum und versuche mich ja eigentlich schon immer zusammenzureißen, aber dann schaue ich sie an und sie tut, als wäre nichts passiert. Boah.

„Mam? Ist das jetzt echt dein ernst? Tust du jetzt echt so, als wärst du die Unschuldige? Meinst du, ich weiß nicht, was du gemacht hast? Schämen solltest du dich.“

Mam schaut sich auch beschämt um und möchte wohl, dass ich leiser rede. Gut, könnte ich eigentlich machen, aber ich weiß einfach nicht wohin mit meinen Gefühlen. Alles dreht sich.

„Du, du. Du hast uns verletzt. Lässt selbst Michelle einfach so sitzen. Was ist mit den anderen, hmm? Wissen sie schon Bescheid? Na? Sag schon.“

„Joel. Bitte. Geht das auch leiser? Ich habe mich nicht hier mit dir getroffen, damit du mich bloßstellst. Hör auf!“

„Ja, was denn? Du hast unsere Familie zerstört.“

„Hey, ihr da. Macht mal halblang, ja? Geht raus, wenn ihr was zu klären habt“, sagt die Bartante.

„Tschuldigung. Wollte mir gerade sowieso was bestellen. Keine Lust, zu reden. Ein Kakao bitte. Nein, den stärksten Kaffee, den sie haben.“

Und ein Cremetörtchen habe ich mir dann noch bestellt. Erst verpiesel ich mich in die hinterste Ecke, aber ist doch klar, dass Mam hinterherkommt. Aber ich mag einfach nicht mit ihr reden. Ein anderer Typ. Pff. Sie sitzt auch nur da und schaut blöd die Wand an. Mir doch egal.

Ich bemerke schon ihre Blicke. So ist es nicht.

Bis mir dann doch auffällt, wie sehr Mam mir eigentlich fehlt. Sie ist einfach nicht mehr da und ....

Mam ist einfach gegangen und lässt uns allein. Einfach so. Bumm und weg ist sie. Ich möchte aber, dass sie wieder zurückkommt. Dass wir nochmal von vorn anfangen. Alles vergessen.

„Mam? Du fehlst mir. Ich möchte, dass du wiederkommst. Aber warum hast du das getan? Du kannst doch nicht einfach mit Paps Schluss machen.“

Ich kann einfach nicht mehr und muss losheulen.

„Ich möchte doch auch, dass wir wieder eine Familie sind. Deswegen bin ich doch hier. Vielleicht kannst du mir helfen.“

Oh ja. Ich verspüre einen kleinen Funken Hoffnung. Alles wird wieder gut.

„Ich kann nicht rückgängig machen, was passiert ist, aber was soll ich denn machen, wenn man mir so viel Honig ums Maul schmiert? Ich, ich. Es war in der letzten Zeit alles so schwierig und ich. Ich. Ich ähm. Ja, was soll ich machen, Joel? Ich dachte eben, dass ich mich in diesen Mann verliebt hätte und er ist ....“

„Hmpf. Er ist einfach immer da, verstehst du? Aber dann habe ich gemerkt, wie sehr ich eigentlich deinen Paps liebe und dann war alles so durcheinander. Dann habe ich das von Jimmy gehört und ähm. Es drehte sich alles nur noch. Ich bin fast durchgedreht wegen Marc. Hatte Angst und wollte Sicherheit.“

„Ähm. Moment. Du liebst den anderen Kerl und Paps zugleich? Verstehe ich das gerade richtig?“

„Nein, nein. So ist das nicht. Ich dachte, ich würde Maik lieben. Aber jetzt möchte ich zu Marc zurück, weil mir klar wurde, dass alles nur ein Missverständnis war. Ich wurde manipuliert. Verstehst du? Jimmys Kumpel Karl hat das eingefädelt. Er hat mir so viel Honig ums Maul geschmiert, dass ich mich immer mehr zu Maik hingezogen fühlte. Und da ich mich mit Paps eh schon oft in letzter Zeit gestritten habe, nun ja.“

„Gehst du mit anderen ins Bett. Wie rührend.“

„Wie stellst du dir das vor? Soll ich jetzt zu Paps gehen und ihm sagen, dass du wieder zurückkommen möchtest, nachdem dir eingefallen ist, dass du ja nur manipuliert wurdest? Wow. Da schickst du ja den Richtigen vor.“

„Äh. Joel, du bist gerade meine letzte Hoffnung. Bitte. Ich konnte doch nichts dafür. Ich habe keine Ahnung, was hier gespielt wird, aber ich habe das Gefühl, dass jemand unsere Familie zerstören will. Bitte. Ich war naiv, ja. Kannst du mit Paps nicht reden? Mir hört er eh nicht zu. Aber es war letztens wieder so schön. Ich fühle doch, dass ich ihm nicht egal bin.“

„Ich bin immerhin mit einem Detektiv verheiratet, hihi. Da merke ich, wenn etwas faul ist.“

„Ja, Mam. Aber das ist ein bisschen unfair, wenn du dann mit einem anderen in die Kiste hüpfst“,

sage ich recht leise.

Schließlich stehe ich nur auf und schiebe den Stuhl an den Tisch ran.

„Erstmal muss ich nachdenken. Ich weiß nicht, ob ich dir helfen kann, Sorry.“

Es ist zwar schön, dass Mam mir gerade vieles gestanden hat - ich bin ja immerhin nun auch alt genug, um sowas zu verstehen - aber so richtig weiß ich trotzdem noch nicht, mit der Situation umzugehen. Gerade jetzt, wo ich selbst so richtig verliebt bin. Ich möchte mir eigentlich was Schönes für Katharina überlegen und dann kommen meine Eltern dazwischen. Toll. Also gehe ich rein und sehe, dass mittlerweile ein paar mehr hier sitzen. Und Moment. Katharina?

Ich gehe zu ihr hin und sie wird von einem kleinen Jungen belagert, haha. Aber schon kann ich wieder schmunzeln. Eben noch hätte ich schreien können, aber plötzlich von hier auf jetzt, fängt mein Herz wieder kräftig an zu flattern. Und dieses Bauchgefühl. Wow. Und wie sieht sie aus? So anders.

Sie sitzt ganz seelenruhig da und trinkt ihren Kakao.

„Was ist denn mit dir passiert? Wow. Das sieht äh. Anders aus.“

„Wir treffen uns immer sonntags mit meinen Großeltern und gehen in die Kirche. Anschließend gibt es dann immer Kaffee und Kuchen. Und nun ja. Da läuft man eben so rum, hihi.“

Ihr steht einfach alles.

„Hey, das sieht gut aus. Auch deine Brille. Ich hätte dich fast nicht erkannt. Wow. Echt hübsch.“

Ich stehe auf und hole mir auch einen Kakao. Es beruhigt mich gerade sehr, dass meine Süße hier ist. Dass Mam noch draußen sitzt, ist mir egal geworden. Mehr kann ich gerade nicht für sie tun. Immerhin bin ich verliebt und ich möchte alles für dieses Mädchen tun.

Mam kommt schließlich noch rein und ich sehe, wie sie sich Tränen wegwischt. Natürlich tut es mir ein bisschen weh, sie da gerade so sitzenzulassen. Sie ist immerhin meine Mam. Aber ich bekomme auch am besten mit, wie sich Paps gerade fühlt.

Und dann wird es noch besser. Na ja. Nicht besser, aber plötzlich kommt Christopher durch die Tür und rempelt Mam an. Woah. Gehts noch? Was hat er denn jetzt?

Er entschuldigt sich auch nicht, sondern geht einfach nur weiter und holt seinen Cappu. Was ist denn jetzt hier los?

So richtig weiß ich auch gerade gar nicht, wie ich darauf reagieren soll. Ich bin total abwesend. Hin- und hergerissen. Es tut weh. Selbst, dass es Mam so mies geht, tut weh. Ich spüre, wie eine warme Hand plötzlich meine hält.

Ich bemerke Katharina und komme schnell wieder zu mir. Ich lächle sie an und bleibe einfach nur hier stehen. Hand in Hand mit ihr. Wir sagen nichts.

Dann drücke ich ihre Hand immer fester und würde am liebsten nie wieder loslassen. Sie ist gerade bei mir und das tut gut.

So wunderschön, lieb und perfekt.

Ein Traum.

Unsere Hände lösen sich langsam wieder, aber wir berühren uns immer noch. Ich spüre, wie es knistert. Einfach gerade nur einen Augenblick erleben, als wenn ich schweben würde. Irgendwo mit diesem Mädchen auf einer Wolke. Arm in Arm liegend.

Bis mich jedoch die Realität wieder einholt. Immer wieder träume ich gerade vor mich hin und dann stehe ich meiner Mam gegenüber, die total fertig mit der Welt ist. Dann schaue ich wieder dieses Mädchen an und schmelze einfach nur.

„Du bist echt wunderschön. Wirklich. Selbst wenn du in die Kirche gehst, hast du die perfekten Sachen an, haha.“

Okay, alles klar. Mam ist ja auch noch hier und ich möchte jetzt nicht so ein mieser Arsch sein. Ich sag’ ja: Sie ist trotzdem noch meine Mam und vielleicht steckt ja wirklich mehr dahinter. Vielleicht hat sie ja überhaupt gar keine Schuld und dass es ihr leidtut, das merke ich ja auch. Sonst würde sie nicht mit mir reden wollen. Also versuche ich mein Bestes. Was mir jedoch nicht leichtfällt, muss ich gestehen.

Das mit Chris ging ja eben echt gar nicht. Warum hat er das überhaupt gemacht? Mam hat ihm doch gar nichts getan. Das ist unser Problem und nicht seins.

Ich schaue wieder rüber zu Katharina und schon schmelze ich erneut. Oh man. Was ist hier heute nur los?

Dann noch Mam. Einfach alles. Arghs. Ich glaube, ich brauche einen sehr starken Kaffee mit ganz viel Schuss. Gerade echt.

Und dann schaue ich sie wieder an und .....

Und dann wieder Mam. Chris kommt schon wieder auf Mam zu und hat sie angerempelt. Also nein. Jetzt reicht es. Das geht zu weit. Was bildet er sich ein? Das kläre ich jetzt. Versuche es zumindest. Bis Mam ordentlich laut wird.

„Hey, du Spinner. Was soll das? Geht es dir gut? Zu Hause keine Erziehung gehabt? Blödmann!“

„Was soll das? Wer bist du überhaupt? Spinner.“

„Ja, was? Du hast meinen besten Freund verletzt. Deinetwegen geht es ihm schlecht.“

Äh, autsch. Aber woher soll Chris das wissen? Okay, sie haben mich eingeladen, ins Mc Creek, um mich abzulenken. Aber es weiß doch keiner, was abgeht zuhause. Ich sehe Mam auch an, dass sie es kaum noch aushält. Zum einen finde ich die Aktion von Chris gerade irgendwie cool, aber es verletzt mich innerlich trotzdem. Er wollte mir helfen. Steht auf meiner Seite.

„Mam?“

Ich nehme ihre Hand.

„Hör zu. Ich werde mich bei dir melden. Kommst du denn irgendwo unter? Ich lasse bestimmt nicht zu, dass du auf der Straße schlafen musst. Wenn Paps sich etwas beruhigt hat, dann werde ich mit ihm reden. Vielleicht wird ja alles wieder gut, wenn wir verstehen, was hier zurzeit abgeht. Und bitte sei nicht sauer auf Chris. Er ist manchmal ein Doofbaddel, aber meint es nicht böse. Ich kläre das, okay?“

Sie wischt sich die Tränen aus den Augen.

„Okay. Danke. Ich werde jetzt gehen. Ich habe eine Bleibe. Mir geht es gut.“

Dabei schluchzt sie immer wieder. Schließlich geht sie dann raus. Es wird Zeit, dass ich ihr helfe.

Chris habe ich auch ermahnt und er hat sich im Nachhinein bei Mam entschuldigt.


Und schließlich wird die Runde dann etwas lockerer. Ich widme mich meiner Freundin nun so richtig. Also so richtig richtig. Heute hat sie mal kein Erdbeergeschmack, aber meine Lippen sind nun selbst bestimmt ganz rot von dem Zeugs.

„Aber auch wenn du es gut meinst, Chris. Sei bitte vorsichtig. Sie ist meine Mam und ich habe sie sehr gern. Versprichst du mir, nichts mehr zu machen?“

„Ja, klar. Tut mir leid. Es geht mich ja auch eigentlich nichts an. Dachte nur, weil sie solch einen Stress macht. Ich sehe doch, wie es dir geht. Aber klar. Ich bin ruhig.“


Und so bleiben wir drei noch eine Weile im Café und lachen, was das Zeug hält. Ich komme wirklich kurz mal auf andere Gedanken. Das tut gut.

Später bin ich dann auch noch etwas allein mit Katharina und möchte ihr einfach nur nah sein.

Nun ja. Bis ich ihr dann unbewusst unter den Pullover streife. Herrje. Was hat mich denn jetzt geritten? Puh. Wow. Plötzlich war meine Hand da und .... Hmpf. Dementsprechend schnell ist sie dann auch abgehauen. Oh je. Ich hoffe, ich habe es mir jetzt nicht vergeigt. Verdammt.

Doch ich fühle auch, wie Mam meine Hilfe sucht. Und jetzt ist mir klar, dass ich helfen muss. Ich werde herausfinden, was hier überhaupt los ist. Ganz gewiss.

Aber erstmal muss ich mich bei meiner Freundin entschuldigen.

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