Kapitel 125 - Irgendwas leitet ihn
- Kucki 232
- 25. Aug. 2023
- 4 Min. Lesezeit

Wie ich bereits sagte: Als wenn ich jetzt einfach so schlafen könnte. Einen Dreck werde ich. Es funktioniert einfach nicht, dass mein Sohn da draußen rumirrt und ich soll hier gemütlich schlafen? Nein!

Es ist kurz vor halb zwei und ich sehe, dass es aufgehört hat, zu schneien. Endlich. Weiter geht's. Anziehen und weitersuchen. Worauf warte ich noch? Lieber dann aber leise sein. Nicht dass ich Jenny wecke. Sie sieht so süß aus, wenn sie schläft. Oft beobachte ich sie .... aber nein. Aktuell kann ich über sowas nicht nachdenken.

Mist. Bin ich zu laut gewesen? Habe mir eigentlich Mühe gegeben. Meine Verlobte nimmt mich von hinten in den Arm. Ja, es kullern Tränen. Muss eben auch mal sein.

Jenny schweigt und ist gerade einfach nur da.

Das macht sie gerne, wenn ich einfach nur am Fenster stehe und nachdenke. Plötzlich kommt sie von hinten an und .....
„Ich muss los. Ich muss ihn weitersuchen.“
„Hmpf. Okay. Aber nur, wenn ich mithelfen kann.“

„Jenny, nein. Bitte bleib´ hier. Lukas muss doch nachher in die Schule. Und.“
Ich mache mir einfach schon genug Sorgen.
„Okay.“
Und ihr Seufzer ist nicht zu überhören.
Ich gehe an ihr vorbei.
Im Wohnbereich finde ich Kucki. Sie irrt ebenfalls schon umher. Aber eher geistesabwesend. Was ist mit ihr denn los? Das ist mir gestern schon aufgefallen.

Isabelle hat wohl von dem nächtlichen Trubel mitbekommen und ist ebenfalls bereits wach.
„Nachher kommt John vorbei, mit seinem Kumpel. Sie werden mitsuchen. Ich bleibe aber hier. Vielleicht kommt der Junge ja dann zurück. Und ich werde euch was zu essen machen. Wer weiß, wann ihr wiederkommt? Nachher seid ihr mir total ausgehungert.“

„Mach das. Aber ich muss jetzt los. Legt ihr euch am besten wieder ins Bett. Ich schaffe das schon.“

Doch keine fünf Minuten später ruft Kucki:
„Ähm, Marc? Komm mal her. Da hinten liegt jemand. Schau mal.“

Auch wenn ich schon einige Wochen nicht mehr so gerannt bin wie jetzt, brauche ich keine zwei Sekunden, um bei Kucki zu sein.

Sie steht auch immer noch so geistesabwesend da. Irgendwie ja gruselig. An was denkt sie? Aber okay. Darüber habe ich jetzt auch keine Zeit, nachzudenken. Binnen einer Sekunde habe ich meine Jacke an und flitze nach draußen.

Kurz rutsche ich aus, aber das ist mir gerade egal. Als ich nämlich näher komme, liegt mein Sohn wirklich im Schnee. Ist er tot? Bitte nicht. Nein, nein.

„Joel?! Lebst du noch?“
Was für eine behämmerte Frage? Aber auch ich kann langsam nicht mehr klar denken. Mir ist gerade alles egal. Hauptsache, mein Sohn lebt noch.

Ich beuge mich zu ihm runter und fühle den Puls. Er lebt. Zwar ist er total kalt, aber er lebt. Ganz schnell muss ich ihn hier wegbringen. Schnell ins Warme. Nicht hier draußen. Nicht lange fackeln.

Vorsichtig schiebe ich meine Arme unter ihn durch, um ihn hochheben zu können. Er gibt leise Laute von sich. Ein Knurren. Das ist schon mal gut zu hören.

Dieser magische Blödsinn wird immer absurder. Er rennt doch nicht wegen eines Spielzeugs weg? Pah.

Hab langsam echt die Nase voll. Es reichte mir damals schon. Immer ist irgendwas. Immer muss ich Angst um meine Familie haben. Und jetzt geht das wieder los.

„Kann ich dir helfen?“
Pff. Dieses blöde Tor soll zubleiben. Ja, ich weiß, das wäre nicht gut. Aber wenn mein Sohn da draußen sterben würde, wäre das noch schlechter.

Okay, wieder konzentrieren. Ich schaue Jenny nur an und versuche normal zu schauen.
„Kannst du eben bitte sein Bett schon fertigmachen? Er muss ganz schnell da rein. Sämtliche Decken im Haus wären auch nicht schlecht.“
So früh es auch ist, aber jetzt sind alle hellwach. Der Kamin läuft auf Hochtouren und dann machen wir Joel bettfertig. Raus aus den nassen Klamotten. Eine Sekunde brauche ich dann aber doch mal. Wieder könnte ich nur schreien und heulen. Das bemerkt Jenny und nimmt mich sofort in den Arm.
„Sorry. Ich bin so durcheinander.“
„Alles gut. Joel ist ja wieder da.“

Und Kucki? Steht wieder nur da. Was will sie? Kann sie nicht einfach mal mit anpacken?

„Irgendwer leitet ihn, Marc. Ich weiß noch nicht, wer oder was, aber irgendwer hat ihm geholfen. Hat es zumindest versucht.“
Kucki kommt zu uns, aber keine Ahnung, was sie jetzt will.

„Ich spüre es.“
Der Junge hat erstmal genug durch. Das mit Katharina war schon schlimm genug. Ich habe Angst, dass mein Sohn den Halt verliert. Ich bleibe kurz bei ihm und decke ihn richtig zu.

Kucki schaut sich Joels Hände an. Schweigt jedoch erst.
„Marc? Kannst du eben mit rauskommen? Ich möchte dir was sagen.“
Hmpf.

Vor der Tür schaut sie mich an, als wäre ich gar nicht da. Schaut durch mich hindurch. Ja, was will sie denn jetzt? Hat irgendwas Böses Besitz ergriffen? Dann glaubt mal, dass ich den da ganz schnell raushole.

„Ja, was denn? Dann sag auch!“
„Ich, äh. Ich kann mir das noch nicht erklären, da ich ja eigentlich alles Magische verloren habe, aber ich sehe, dass es Joel gut geht.“
„Äh. Niemals. Schau ihn dir doch an.“
„Es ist nicht nur das Feuer, was ihn zu beherrschen versucht. Da ist auch noch das Wasser. Die Fertigkeiten der Wellenreiter. Verstehst du, was das bedeutet?“

„Die Macht des Wellenreiters versucht außerdem, an seiner Seite zu stehen. Und ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass Joel viel Schnee gegessen haben muss. Das hat ihn gerettet. Dann die Wärme des Feuers. Wenn er das in Einklang bekommen würde, dann wäre das richtig klasse. Du weißt, dass Wellenreiter Heiler sind.“

„Kucki? Ich möchte erstmal nur, dass es meinem Sohn besser geht, okay? Was auch immer du da gerade redest: Es ist mir egal.“

Ich bin erstmal froh, dass mein Sohn es dann doch irgendwie geschafft hat, hierherzukommen. Ob da nun wer anders für verantwortlich war oder nicht - mir egal. Er ist da und muss erstmal wieder zu sich kommen. Und ich kann endlich mal ein wenig runterkommen. Fürs Erste.

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