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  • Kucki 232

Kapitel 139 - Bruderliebe


 

Jetzt hatte ich auch noch das Problem, dass mir die Decke in Willow Creek auf den Kopf fiel. Ständig kam irgendeiner hin, wo ich gerade war, selbst wenn es auf dem Klo war. Dann musste ich mir auch noch von Katharina anhören, dass ich ja die Welt zerstören wolle. Ich weiß nicht, was dort passiert ist, aber es ist nicht mehr Katharina. Warum ist sie plötzlich so? Was habe ich ihr getan?

Kucki meinte auch zu mir, dass ich wieder zurück nach Chestnut soll. Ich habe es ja unter Kontrolle und mehr kann sie gerade auch noch nicht tun. Sie beschließt aber, bald mit Mam hierherzuziehen. Wie es aussieht wohl aber nach Henford.

Tja. Und schließlich kam da noch mein großer Bruder. Er hatte mich regelrecht dazu überredet, dass wir nach Chestnut fahren. Bräute checken, wie er so schön sagte und er hätte eh mal wieder Lust ein bisschen zu feiern. Ganz ohne Frauengemecker.

Ich habe trotzdem Angst, dass irgendwas passiert. Das, was ich gespürt hatte. Diese Angst und Wut. Was war das verdammt nochmal? Nachher bin ich allein und dann passiert noch was Schlimmeres. Doch Kucki meinte, dass das Wasser mich schon beschützen wird.


Ich rief also Paps an und sagte ihm, dass ich mit Emilio vorbeikomme. Er will dann so lange im Auto pennen, meinte er. Aber er schläft dann wohl bei Kucki oben im Zimmer.


Wir hatten ein wenig Stau. Emilio drehte seine Musik auf und sang sogar mit. Wie lange war ich jetzt eigentlich in Willow Creek? Ich dachte, ich würde mich dort jetzt wieder heimisch fühlen, aber es fühlte sich nicht mehr wie mein Zuhause an.


Hier ist mein Zuhause.


* * * * *

Katharina hat mir sehr wehgetan. Okay, vielleicht ist sie ja in irgendwas gefangen, seitdem diese mysteriöse Nacht da war? Da muss ja irgendwas passiert sein. Einfach so verändert man sich nicht. Doch dem kann und will ich jetzt erstmal nicht nachgehen. Ich habe ihr tausendmal gesagt, dass ich es versuche wieder geradezubiegen. Mehr als Vorwürfe kamen dann aber nicht.

„Alter, ich check’ heute voll die Bräute ab und dann mal gucken, mit welcher ich dich verkuppeln kann. Die olle Katharina hat eine Schraube locker und mir ist egal, was der aufn Kopf gefallen ist. Ich such’ dir 'ne bessere. Die Rothaarige ist doch süß.“

„Ähm, Emilio? Eine Bitte. Lass mich damit im Moment in Ruhe, ja? Ich brauche keine Braut, wie du so schön sagst. Habe wohl, denke ich, andere Probleme.“

„Mann. Ich meins nur gut, ja? Alter. Du musst doch langsam mal irgendwo einlochen.“

Ich schüttel’ nur mit dem Kopf und gehe rein. Als ich nach Willow Creek kam, da war ich irgendwie voller Vorfreude. Endlich wieder zuhause sein. Und dann wird man nur enttäuscht. Alles ist fremd. Fremder als Chestnut. Und seitdem ist mir klar, dass ich lieber hierbleiben möchte. Ich hatte also noch ein paar Sachen mitgenommen und dann fuhren wir los. Selbst Emilio überlegt, hierherzuziehen. Ihm egal. Hauptsache er kann in Ruhe Musik machen, meinte er mal.


Isabelle sitzt vor dem Kamin. Ich lächle. Ja, ich erwische mich jetzt irgendwie öfter dabei, dass ich lächle. Kuckis Training tat mir doch ganz schön gut. Ich bin zielsicherer geworden. Sortiere Dinge aus, die mir nicht guttun.

„Hey, Isabelle.“

Sie dreht sich um und springt sofort auf, um mich zu umarmen.

„Hey, mein Großer. Wow. Wie lange warst du jetzt weg? Ich musste den einen Kuchen ganz ohne dich essen. Aber ich backe neuen. Versprochen.“

„Äh, klar. Okay.“

„Magst du Nudelauflauf? Ich mache gerade welchen. Mit extra viel Käse. Das magst du doch bestimmt.“

Ich lächle wieder. Sie ist so herzlich. Kümmert sich um so viel. Wow. Erst gehe ich aber zu Paps.

Auch er knuddelt mich ordentlich durch. So lange war ich doch gar nicht weg? Nur so wird mir immer bewusster, das genau hier mein Leben hingehört.

„Hey.“

„Hey.“

Ich hätte nie gedacht, dass ich mich so freuen würde, wieder hier zu sein. Ich dachte, es wäre mir egal. Irgendwo hoffte ich ja, ich könne mich mit Katharina aussprechen. Die Zeit einfach mal nutzen. Das ist mir jedoch alles vergangen. Lieber lache ich. Ja wirklich. Ich lache. Wer hat mich schon mal lachen sehen?

Selbst Paps ist ganz erstaunt.

„Das steht dir.“

Klar, muss ich die Welt retten, wenn man das so sagen kann. Aber um die Welt zu retten, muss es mir auch gut gehen. Und mir kann es nur gut gehen, wenn ich mich wohl fühle. Nun ja. Und eben die Bilder gestern zeigten mir, dass ich eben nicht allein bin.

„Na dann. Können wir doch bald zur Feier, oder nicht? Das wird bestimmt lustig. Alle sind da.“

Ich habe letztens ja nicht mal Jenny so richtig akzeptiert. Alles ging drunter und drüber. Aber sie kann doch da am wenigsten zu.

„Schön, dass du wieder da bist.“

Okay. Sie strahlt und ich strahle. Irgendwie kann ich mein Verhalten selbst noch nicht so einordnen, aber auch mich hat gestern etwas verändert.

Viel habe ich noch über das alles nachgedacht. Verbindungen zu irgendwas gesucht.


Aber gut. Ich möchte mich eben noch etwas ausruhen. Wisst ihr. Mit so einem schnarchenden Bruder im gleichen Bett zu schlafen, ist mal so richtig uncool. Dem hätte ich fast 'nen Kissen in den Mund gestopft. Und hier? Mein Zimmer ist so ruhig. Gemütlich. Eben anders und besser.

Kurze Sendepause. Irgendwo habe ich ja auch gar nicht so die Lust auf das Fest. Aber irgendwo bringt es mich mehr unter die anderen Sims. Ich sage ja selbst immer, dass ich ein normales Leben haben möchte. Wird Zeit, damit anzufangen.


* * * * *


Auf zur Party. Wir gehen etwas früher, da Isabelle hier immer aushilft. Alles wird also vorbereitet und dann kann es losgehen. Nun ja. Ich sehe nur gerade nicht wie so ein Cowboy aus, aber Isabelle meinte auch, dass es absolut nicht schlimm ist. Jeder kann sich im Dorf auf seine Art und Weise verhalten. Und eben die Shows der Cowboys genießen.

Wenn ich bedenke, dass ich eigentlich gerade gar nicht hier wäre? Was würde ich dann jetzt tun? Mich über Katharina aufregen? Neue Erinnerungen haben? Keine Ahnung. Ich versuche jetzt einfach nur mal etwas Spaß zu haben. Normal bin ich ja nicht so der Partygänger. Emilio ist eben schuld. Er kommt auch etwas später.

Langsam füllt sich der Saal. Ich kenne nicht mal die Hälfte. Ein bisschen unwohl fühle ich mich doch. Aber hey - immer cool bleiben.

Einfach mal normal sein.

„Hey, Joel. Wie geht es dir?“

Alle sprechen mich an. Ganz ungewohnt. Paps geht auch nochmal auf Nummer sicher:

„Kommst du klar? Geht es dir gut?“

„Klar.“

Nur weiß ich eben nicht so richtig, was ich sagen soll. Wie auch? Wer ist das links? Und Renée sieht auch nicht gerade so aus, als würde sie sich unterhalten wollen. Deswegen bin ich froh, dass Paps jetzt hier ist.

Zwischendurch dann immer mal ein Wasser trinken. Hilft sehr.

Die Stimmung ist trotzdem sehr ausgelassen. Jeder unterhält sich mit jedem.

Neben mir ist Lydia. Wundert mich, dass ich mir die ganzen Namen merken kann. Okay, mit meinem Kram ist alles möglich. Das habe ich jetzt auch verstanden. Lydia scheint mehr die Einzelgängerin zu sein. Sie tanzt allein vor sich hin.

„Hey, du. Wie geht's?“ , frage ich jetzt einfach mal.

„Äh. Alles gut. Und bei dir?“

„Auch alles gut.“

Das war’s dann auch schon wieder.

Und Paps schaut nur Jenny beim Singen zu. Ich muss sagen, dass sie wirklich eine schöne Stimme hat.

Und dann streiten sich auch noch Renée und John. Klar. Und ich sitze dazwischen. Renée scheint echt voll die Zicke zu sein. Meine Herren. Sie schaut schon den ganzen Tag so maulig.

„Dein blödes Pferd hat schon wieder auf unseren Gehweg gekackt.“

„Ähm, Hallo? Könnt ihr das nicht woanders austragen?“

Aber ansonsten werde ich halt weiterhin von jedem angequatscht und ich habe langsam keinen Plan mehr, was ich hier noch machen soll, außer vollfuttern.

Bis dann schließlich mein großer Bruder kommt. Die Party ist schon lange im Gange und jetzt erst ist er da. Egal. Vielleicht wird es ja jetzt etwas spannender. Solange er mich nicht verkuppeln will.

„Alter, ich hab voll den Weg nicht gefunden. Was hängen da so 'ne Pferdeschilder rum? Da dürfen gar keine Autos lang. Voll dumm. Musste voll zu Fuß latschen.“

„Ey, hat die dem gerade echt Wasser ins Gesicht geschüttet? Die ist ja krass. Voll die Zicke.“

„Jupp.“

Selbst Paps tanzt im Hintergrund rum. Auch er musste erstmal etwas warm werden. Doch wie ich ihn gerade sehe, das baut mich auf.

„Bock zu tanzen?“

„Ey, Mann. Ich bin doch kein Schwuchtel, oder sowas. Alter, das kannst knicken.“

„Ne. Nicht Arm in Arm. Denke nicht, dass du Polka tanzen kannst, oder? Haha. Einfach so, meine ich jetzt.“

„Okay, cool. Dann zeigt dir dein großer Bruder mal, wie das geht.“

Anfangs noch recht verschlossen .....

...... bemerken wir erst gar nicht, dass wir langsam die Aufmerksamkeit auf uns ziehen.

„Hihi, guckt mal die beiden. Die haben es voll drauf.“

Obwohl ich eigentlich nur versuche, meinen Bruder nachzumachen.

Wir sind beide in unserem Element.

Und jeder schaut zu. Na ja, fast jeder. Manchmal klatschen sie sogar und pfeifen.

Bis Emilio das Unmögliche versucht. Oh, oh. Ob das nicht in die Hose geht?

„So, jetzt schau mal, wie das geht, du Spaten. Uuuund ....“

„Hepp.“

Das sieht gerade arg gefährlich aus.

Tatsächlich haut er sich voll auf die Schnauze.

„Alles gut?“

„Alter, Maaann. Ich glaub’, ich hab grad alle Zähne verloren. Ey. Blute ich? Voll Scheiße, Mann.“

Schließlich steht er dann doch wieder auf und weiter geht's.

„Hehe. Ich ähm …“

Dieser Typ hat echt einen Vogel. Aber ich habe ihn richtig lieb. So unterschiedlich wir auch sind, so verbunden sind wir. Keine Ahnung. Ich bin froh, dass ich ihn habe.

Und er weiß einfach, wie man immer auffällt. Um jeden Preis.

Wir haben dann aber erstmal genug. Die anderen klatschen und jubeln. Okay, die Aufmerksamkeit hatten wir echt. Wir nehmen uns in den Arm.

„Ich habe dich lieb.“

„Jo, ich dich auch, du Honk.“

Ich muss dann aber auch erstmal kurz raus. Frische Luft schnappen. Ein bisschen schlaucht es mich dann doch mit den ganzen Leuten. Nun ja. Und die Show da eben.

Als ich zur Tür gehe, sehe ich Tessa in einer Ecke sitzen. Ganz versteckt. Was ich bislang von ihr erlebt habe ist, dass sie … Hmm. Sie beschäftigt sich viel mit den Tieren. Scheint alles um sich herum auszublenden. So zumindest mein Eindruck. Hatte noch nicht wirklich mit ihr zu tun.

Okay. Warum auch immer, aber ich gehe dann wohl lieber kurz pinkeln. Ja, eigentlich müsste ich ganz dringend pinkeln. Nicht raus und so.

Sie schaut mich auch so an, als würde sie mich gleich anquatschen wollen. Nein. Auf sowas habe ich gerade keinen Bock. Vor allen Dingen, wenn es um Mädels geht. Will einfach meine Ruhe haben.

„Warte mal.“

Hmpf.

Toll. Und jetzt? Jetzt sitze ich hier und sie guckt nur die Wand an.

„Kann ich dann jetzt aufs Klo gehen? Muss nämlich ganz dringend.“

„Das sah eben aber ganz anders aus. Wolltest du nicht eher raus?“

„Äh, ich dachte, dass das Klo draußen wäre.“

„Ne. Da oben.“

„Okay. Cool. Danke.“

Und nichts wie weg hier.

Im Großen und Ganzen ist es aber doch recht schön hier. Selbst Emilio fängt an, sich mit den Einwohnern zu unterhalten.

„Alter. Echt? Hier gibt es mehr Pferde als Autos? Schon krass.“

Und auch ich versuche, mich so ein bisschen einzubringen. Die Leute hier sind wirklich ganz anders.

Es fühlt sich einfach wunderbar an. Ich bereue nicht, dass Emilio mich überredet hat. Hier in Chestnut ist eine ganz andere Welt. Jeder ist für jeden da und jeder hilft eben jedem. Selbst der alte Don zeigt, was er kann.

Und meinem Bruder und mich hat das mehr zusammengeschweißt, denn je. Der Abend wird fast unbezahlbar.

Bis in die Nacht feiern wir. Wir unterhalten uns viel. Lachen viel. Langsam taue ich auch auf. Okay, na ja. Fast.

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