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  • Kucki 232

Kapitel 98 - Familie Rosenthal


 

Katharina blieb die Nacht bei mir. Seit wir hinter diesem Portal waren, sind wir beiden .... hmm. Durcheinander. In Gedanken. Keine Ahnung. Als ob wir jetzt ewig drüber grübeln müssen, was passiert ist. Klar habe ich gestern irgendwie mitbekommen, dass Jenny und Lukas erstmal hierbleiben, aber keine Ahnung. Es war mir egal. Obwohl ich mich für Paps freue und so und ich auch nichts dagegen habe. Aber es ist aktuell so, als würde ich schlafwandeln, nur dass ich es mitbekomme.


Am nächsten Morgen realisiere ich so einigermaßen wieder, wo ich bin. Irgendwie ist dieses Gefühl total verrückt. Du denkst, du bist gerade hier, obwohl du dort bist. Du machst wieder irgendwas und denkst, es wäre ein Traum. Was ist da nur passiert mit uns?

Ich sehe Jenny in der Küche. Wow. Wohnt sie hier jetzt etwa ganz? Das wäre genauso verrückt, wie das, was ich gerade erlebe.

Sie backt Brot und grinst dabei. Wow. Was haben die beiden letzte Nacht getrieben? Okay. Schmunzeln muss ich trotzdem.

„Hey. Äh. Kann ich dir helfen?“

„Weil. Ich finde das cool, dass ihr hier seid. Warum auch nicht? Das bringt Paps endlich mal auf andere Gedanken. Er, ähm. Er liebt dich wirklich richtig und so.“

Was laber’ ich hier? So viel weiß ich gar nicht über Jenny. Habe schon öfters versucht, sie mal kennenzulernen, aber es ist eben noch ungewohnt und ich weiß nicht, wo ich anfangen soll.

„Und guck mal. Das Gewürz habe ich in Sulani gekauft. Das kann man auch gut für Brot nehmen und so. Cool, oder?“

Okay, ich sollte es lassen.

„Okay“, sagt sie nur.

Sie widmet sich wieder dem Frühstück und pfeift dabei. Oh man. Und bei mir kommt einfach nichts Gescheites raus. Nun ja. Was soll ich auch sagen? Das mit dem Tor war schon crazy genug. Am besten, ich sag’ gar nichts mehr.

Alles klar. Habe ich gestern überhaupt noch was gegessen? Weiß ich gar nicht mehr. Welcher Tag ist überhaupt heute? Oh, man. Ich hoffe zumindest, dass meine Geschmacksnerven noch funktionieren. Hab jetzt so Bock auf Pfannkuchen. Dreifache Portion.

Jenny gesellt sich zu mir. Sie weiß wohl auch noch nicht so ganz, wie sie mit mir reden soll. Immerhin weiß sie, was meine Gabe ist und das alles und da komme ich mir sowieso schon blöd vor. Ja, irgendwie ist das doch total blöd. Ganz ehrlich. Man soll da irgendwas sein und hat nicht mal eine Ahnung was. Und dann dieser Clown und die da mit Brille. Wer ist das? Hatte jetzt auch keine Erinnerungen mehr. Ob es das nun war? Kein Plan.

Okay und Kopfschmerzen habe ich. Boah. Selbst Katharina schläft seit gestern Nachmittag wie ein Stein.

„Ähm. Ist das wirklich für dich okay, wenn Lukas und ich erstmal hierbleiben? Ich wollte mich nicht einfach so in euer Leben schleichen. Es tut mir leid.“

„Nein. Nur, aaarghs.“

Woah. Was ist das denn jetzt? Plötzlich werde ich aggressiv. Was zum?!

„Aber weißt du was? Du, du kannst es vergessen, meine Mam zu ersetzen und hey. Immerhin hast du jetzt einen verdammten Magier um dich. Also, pass auf, ja?“

„Wie bitte?“

Jenny ist total erschrocken. Aber glaubt mir. Ich auch. Plötzlich durchfährt mich irgendwas. Wut. Hass. Warum?

„Äh. Nein. Das war nicht so gemeint. Es tut mir leid. Ich habe keine Ahnung, was das in den letzten Tagen soll, aber vielleicht ist es wirklich wegen der Trennung und so. Ich weiß es nicht. Und keine Ahnung. Ich zerstöre Sachen und lasse sie verschwinden und so. Und .....“

Mir tut das gerade voll leid.

„Alles gut. Ich kenne solche Situationen von meinem Sohn. Von hier auf jetzt ist er auf 180. Plötzlich schmeißt er mit Dingen um sich und dann ist alles wieder okay. Ich weiß nicht, ob du schon mitbekommen hast, dass er Autist ist. Es ist manchmal nicht einfach, aber ich kann deine Situation verstehen. Deswegen. Emilio hat mir schon viel darüber erzählt. Und deine Freundin. Mich erschüttert so schnell nichts mehr, hihi.“

„Äh, okay.“

„In der Welt passieren so viele verrückte Dinge. Warum also nicht auch das?“

Da bin ich doch gerade verdutzt drüber. Jetzt bin ich aber auch wegen Lukas neugierig. Und warum fühle ich mich jetzt besser und klarer, seit ich eben so ausgetickt bin? Ich kann mich nicht kontrollieren. Das macht mir Angst. Ob ich Mam davon erzählen soll? Puh.

„Wo kommst du eigentlich her?“

„Ähm. Geboren in Tartosa und aufgewachsen in Crestnut Ridge.“

Lukas kommt rein.

„Morgen.“

Zielstrebig kommt Lukas zum Tisch. Sortiert sein Brot und legt die Scheiben parallel hin, bevor er anfängt zu essen.

„Hihi. Er baut sich eine neue Routine auf. Es scheint ihm hier zu gefallen.“

Und schon bin ich wieder im Modus, wo ich mich so gesteuert fühle. Außer ein „Äh“ kommt nicht viel und alles fühlt sich wieder so weit weg an. Vielleicht sollte ich gegen ankämpfen? Oder vielleicht werde ich ja ein schwarzer Magier? Meine Gedanken sind zwar klar, aber mit der Ausführung hapert es. Das ist gerade alles total gruselig. Wollte gestern auch mit Paps reden, aber ich konnte einfach nicht.

Also gehe ich einfach weg. Nehme die Teller mit und dann. Hm. Was mache ich dann? Irgendwas.

Nein, ich werde mit meinen Eltern reden. Ich denke, nur sie können mir gerade helfen. Solange sperre ich mich dann freiwillig im Keller ein. Was auch immer gerade mit mir passiert: Es ist nicht witzig.

„Ist es denn wirklich okay für dich, dass wir hier bleiben, Lukas? Es ist immerhin fremd.“

„Ich mag meinen neuen Papa und deswegen fühle ich mich wohl. Meine neue Struktur wird gut funktionieren. Muss noch üben und alles durchgehen.“

„Okay. Aber, dein neuer Papa? Hihi.“


Ich werde Katharina wecken. Ab sofort darf ich keine Zeit mehr verplempern und egal, wer oder was mir das alles antut: Ich muss kämpfen. Verstehen lernen.

Meine Freundin ist gerade aufgestanden. Zumindest versucht sie wohl wachzuwerden.

„Das ist doch alles verrückt.“

„Hmm?!“

Und dann plötzlich überkommt mich ein anderes Gefühl. Es klingt total bescheuert, aber ich könnte Katharina gerade überfallen. Mit ihr .... nun ja. Also, ihr wisst schon. Okay, aber das sind dann wohl die Teenager-Hormone oder sowas. Es bleibt bei einer Umarmung. Bin noch nicht bereit für sowas. Echt nicht. Auch wenn ich bald 18 bin. Und?

„Hey.“

„Hey.“

Wunderbar informativ. Bin so durcheinander.

Und dann will ich es wieder. Hmpf. Man, Joel. Reiß dich mal zusammen.

„Huch?! Alles okay mit dir? Wow. Nicht so stürmisch.“

„Tschuldigung. Ich. Ähm. Du. Soll ich dich nach Hause bringen? Denke, dein Vater wird wieder ordentlich Mecker austeilen, deswegen ist das wohl besser.“

„Oh, ähm, ja. Kannst du machen.“

Ich bemerke selbst an Katharina, wie sie durch den Wind ist. Ich frage mich immer noch, wieso sie mit mir da durch konnte? Sie ist doch keine Magierin, oder?

„Gut, klar. Ich. Ich warte dann draußen. Geh noch duschen und so und dann bring’ ich dich rum.“

„Cool.“

Oh, man. Wie bescheuert ist das? Als wäre ich im Dauerrausch.


Ca. eine halbe Stunde später gehen wir los. Die Stimmung ist irgendwie durchwachsen. Ich weiß, dass Katharinas Vater sehr streng ist und vielleicht war es ein Fehler, dass sie über Nacht bei mir war. Und wenn, dann kläre ich das. Wenn denn der Rest mitmacht. Aktuell bin ich mir da selbst noch nicht ganz sicher.

Meine Freundin bleibt stehen.

„Ich möchte nicht nach Hause. Kann ich nicht bei dir bleiben?“

„Katharina. Das geht nicht.“

„Mein Vater wird richtig sauer sein und wenn er noch erfährt, dass ich mit dir am Tor war, dann wird er erst recht ausflippen.“

„Wird er nicht. Ich pass’ auf dich auf.“

Ich weiß nur, dass ihr Vater extrem religiös ist, aber in welche Richtung das geht, weiß ich nicht. Eigentlich will ich es auch gar nicht wissen. Katharina bekommt ja schon immer Mecker, wenn sie nur kurz bei ihr ist. Aber ihre Mam scheint cool zu sein und hat dort wohl die Hosen an. Okay, aber unangenehm ist es doch, dass ich ihre Eltern jetzt erst zum ersten Mal sehe. Man hört so viel, aber gesehen habe ich sie noch nicht.


Wir kommen an. Sie wohnt nur ein paar Straßen weiter. Plötzlich bleibt Katharina wieder stehen.

„Nein, ich gehe nicht rein.“

„Komm schon. Alles gut.“

„Ich habe ein mulmiges Gefühl. Ich weiß nicht, warum.“

„Alles gut. Ich bin bei dir.“

Ich nehme ihre Hände und jetzt spüre ich das aber auch. Ein mulmiges Gefühl. Als ob wir nicht reingehen sollten. Was zum Geier ist das jetzt schon wieder?

Trotzdem bleibe ich jetzt stark und egal, was auf uns zukommt: Ich muss bei Verstand bleiben. Gegen ankämpfen. Es kann mich niemand kontrollieren. Vergesst es.

Zielstrebig gehe ich auch die Treppe rauf. Meine Freundin folgt mir schließlich dann auch.

Sie schließt die Tür auf und in einem großen Raum bleiben wir stehen. Katharina noch mehr im Hintergrund. Es kommt eine Frau auf mich zu. Katharinas Mam? Die Ähnlichkeit kommt hin.

Später kommt noch eine andere Frau dazu. Ähm. Auch eine Verwandte?

„Hi, ich bin Joel. Nett, Sie kennenzulernen.“

Man muss ja einfach mal anfangen.

Die Frauen schauen sich aber nur an.

Okay, alles klar. Es kommt kein Wort.

„Ähm. Und Sie sind?“

Die beiden fangen an, zu kichern. Selbst Katharina versteht gerade nicht, was los ist.

Bis die Ältere von den beiden anfängt zu reden.

„Tut uns leid, Joel. Man sieht nur nicht jeden Tag einen Magier, hihi. Ich bin Katharinas Oma. Freut mich, dich kennenzulernen.“

Puh, also ich weiß, dass Katharina viel recherchiert hat, aber was wissen die beiden jetzt über mich? Ich habe keine Ahnung.

Die andere Frau fängt dann schließlich auch an zu reden.

„Ich bin ihre Mutter und ich freue mich ebenfalls, dich kennenzulernen. Meine Tochter hat mir viel von dir erzählt und nun ja.......“

In dem Moment kommt ein Mann rein. Alle verstummen plötzlich.

Selbst Katharina ist plötzlich sehr geheimnisvoll. Hm. Soll der Vater vielleicht gar nicht wissen, was ich bin? Ich weiß ja selbst nicht mal, was ich bin. Oh, Mann. Also langsam finde ich das alles lächerlich. Ich sag’ ja: Ich schließe mich einfach im Keller ein und dann ist gut. Was soll das alles?

Der Mann bleibt direkt vor mir stehen und durchbohrt mich mit seinem fiesen Blick. Meine Fresse. Was ist das denn jetzt schon wieder? Ganz ehrlich? Ich bekomme Angst.

Bis sich dann schließlich meine Freundin zu Wort meldet:

„Was soll das jetzt, Papa? Schau ihn nicht so an. Es war meine freie Entscheidung, bei ihm zu bleiben. Ich bin alt genug, okay?“

„Ach ja? Und das ist also dein Freund? Dieser Milch......bubi!?“

Wie der redet. Krass. Grauenvoll. Er mustert mich richtig. Nur mein Problem ist, dass es alles so unangenehm auf mich wirkt. Was passiert denn noch? Vor einigen Wochen war zumindest noch alles normal. Und jetzt? Die spinnen doch alle. Oder spinne ich nur?

Er macht einen Schritt von mir weg, aber guckt mich immer noch so an, als würde er mich gleich erschießen wollen. Was läuft bei dem falsch? Langsam fühle ich mich hier irgendwie alles andere als aufgenommen.

Ich schäme mich langsam richtig.

„Hey, hör zu, Katharina. Ich gehe jetzt einfach und ...... Ach, egal. Ich gehe jetzt. Tschüss.“

„Joel, warte.“

„Nein. Ich mag gerade nicht mehr. Echt nicht. Was auch immer hier im Moment passiert: Ich habe keinen Bock mehr drauf.“

„Letztlich gehe ich einfach nur nach draußen und höre, wie Katharina anfängt, mit ihrem Vater zu diskutieren. Mir jetzt egal. Ich habe andere Probleme. Und ich will endlich Antworten, sonst dreh’ ich bald durch.

Es fühlt sich alles immer unwirklicher an.

Seit gestern habe ich immer mehr Fragen. Aber habe das Gefühl, dass keiner antwortet. Als ob ich einfach nur der Blöde bin, der gar nichts weiß.

„Joel? Warte mal bitte! Bleib bitte kurz stehen.“

Soll ich das jetzt wirklich tun? Ich bin kurz davor, einfach weiterzugehen.

„Warte bitte.“

Okay, Katharinas Oma hat gewonnen.

Ich drehe mich um und sie bleibt stehen.

„Hör zu. Ich kann leider nicht reden. Ich kann dir nur so viel sagen, dass du meinem Schwiegersohn lieber fernbleibst. Pass bitte auf dich auf. Eigentlich wollte ich dich unter anderen Umständen kennenlernen, aber leider bleibt es mir verwehrt. Du sollst so viel wissen, dass ich mit deiner Oma Nadja befreundet war. Ich verstehe also deine Situation und ich und meine Tochter wollen dir helfen. Katharina auch. Wir hätten ja selbst nie gedacht, dass es nochmal möglich sein wird, dass eure Blutlinie immer noch aktiv ist. Aber nein. Ich kann nicht weiter reden. Hör zu ....“

„Ich komme dich bald besuchen und dann reden wir. Keine Angst. Wir sind auf deiner Seite. Aber mein Schwiegersohn eben nicht.“

Aber ganz ehrlich? Ich will darüber eigentlich langsam nichts mehr hören. Deswegen kommt von mir nur ein „Ok“ und ich drehe mich wieder um. Sollen sie doch endlich mal alle reden und mich nicht so im Dunkeln stehenlassen. Ne, kein Bock mehr.


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